Internationale Kunstgeschichtskonferenz Paris-Nidwalden-Rom

2. September 2024

Ist Nidwalden eine Provinz, in der kulturell kaum etwas Nennenswertes passiert? Viele, die von aussen auf den Bergkanton blicken, würden diese Frage wohl mit «Ja» beantworten. Dass dieses Bild keineswegs der Wirklichkeit entspricht, zeigt das internationale Kolloquium «Paris – Nidwalden – Rom». Der erste Teil der Tagung fand in Paris statt, für den zweiten Teil steht am 6. September 2024 der Nidwaldner Hauptort im Fokus.

Im Winkelriedhaus in Stans werden am Freitag, 6. September 2024, renommierte Expertinnen und Experten über die Nidwaldner Kunst und Architektur sprechen – vor allem auch darüber, wie sich die französische, italienische und Nidwaldner Kultur gegenseitig beeinflusst und befruchtet hat. Es handelt sich um ein Themenfeld, das in der Fachwelt bislang stark vernachlässigt wurde.

Organisiert und geleitet wird die Tagung von den beiden Kunsthistorikern Markus Castor und Elke Seibert Michel. Letztere schreibt derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Amtes für Kultur an den «Kunstdenkmälern des Kantons Nidwalden». Während dieser Arbeit ist sie erst auf die überraschend dichten Verbindungsnetze gestossen, die nicht nur während des 18. und 19. Jahrhunderts, sondern auch während der Moderne in Nidwalden bestanden. Von Barock bis Belle Epoque, von Dada bis Surrealismus: dem Kanton blieb keine Entwicklung fremd.

Einflüsse aus zahlreichen Ländern
Am Kolloquium werden Künstler beleuchtet, die Nidwalden geprägt haben – etwa die Architekten Wilhelm Hanauer (1854-1930) und Arnold Stöckli (1909-1997) sowie der Portraitmaler Johann Melchior Wyrsch (1732-1798). Andererseits geht es um eine Übersicht über die internationale Vernetzung der Kulturwelt Nidwaldens – zum Beispiel im Kontext der Frage, wie die Innerschweiz im 16. Jahrhundert durch den Fernhandel und den Heiligen Stuhl geprägt wurde.

Am Deutschen Forum für Kunstgeschichte in Paris fand am 28. Mai 2024 bereits eine Vertiefung zu verschiedenen Kunstschaffenden statt, die sich ausserhalb von Nidwalden bewegten. Sie bereicherten ihren Heimatkanton mit Einflüssen unter anderem aus Italien, Frankreich und den USA. So sprach Christoph Joller über den Bildhauer Joseph Maria Christen (1767-1838) aus Buochs, einem Schüler des erwähnten Johann Melchior Wyrsch, der im späten 18. Jahrhundert eine Akademie für Malerei und Zeichnen in Besançon gründete. Christen bereiste ganz Europa und fertigte Büsten von so bedeutenden Persönlichkeiten wie Napoleon Bonaparte an. Seine Werke sind heute im Louvre zu sehen.

Elke Seibert zeichnete nach, wie zwei weitere Wyrsch-Schüler – Xaver Hecht und Franz Joseph Murer – durch Entwürfe und freie Kopien ihres Meisters Kunst von Weltrang nach Nidwalden brachten. Brigitt Flüeler portraitierte den Fotografen Leonard von Matt (1909-1988), der durch seinen Bruder Hans von Matt einen Gegenentwurf zu seinem katholisch-konservativen Elternhaus entdeckte. Reto Caduff zeigte den Werdegang des Engelberger Fotografen und Grafikdesigners Herbert Matter (1907-1984) zwischen Paris und New York auf. Schliesslich sprachen zwei zeitgenössische Kunstschaffende: der Stanser Fotograf und Plakatgestalter Melchior Imboden, der vor allem Paris ausgiebig bereist hat, und der Sarner Künstler Christian Kathriner, der sich in seiner Ausstellung «Nunc Stans» mit dem Stanser Maler Melchior Paul von Deschwanden (1811-1881) auseinandersetzte. Guillaume Nicoud, Professor für Kunstgeschichte in Paris und New York, referierte über die grosse Bedeutung der Kunstschulen in der französischen Provinz für den Austausch von Maler, Bildhauer und Architekten aus Frankreich, Italien und der Schweiz. Er hob hervor, dass die Zentralschweiz dabei eine wichtige Passagenfunktion hatte.

Die Schlussdiskussion wurde von Frankreich nach Nidwalden vertagt. In Stans werden die Referentinnen und Referenten die in Paris gelegten Fäden wieder aufnehmen. Schon dort zeigte sich, dass sich der Nidwaldner Hauptort nicht vor der französischen Hauptstadt verstecken muss.

Hinweis: Zweiter Teil des öffentlichen Kolloquiums «Paris – Nidwalden – Rom», Freitag, 6. September, von 8.45 bis 18.00 Uhr mit anschliessendem Apéro im Winkelriedhaus, Engelbergerstrasse 54a, 6370 Stans. Detailliertes Programm und weitere Informationen unter www.nw.ch/amtkultur und www.dfk-paris.org/de
Bild Teilnehmende in Paris
Sie nahmen am Auftakt in Paris teil (von links): Brigitt Flüeler, Guillaume Nicoud, Stefan Zollinger, Christoph Joller, Markus Castor, Elke Seibert, Melk Imboden und Christian Kathriner.

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