Reden und Bankette: Pflichten und Privilegien eines Politikers

 

1883 wurde Ferdinand Businger zum Nidwaldner Baudirektor gewählt, ab 1890 bekleidete er für nahezu zwanzig Jahre das Amt eines Landammanns. Seine gesammelten Reden und Ansprachen wie auch die Einladungen zu den VIP-Anlässen seiner Zeit geben Einblick in die Repräsentationsaufgaben eines Regierungsvertreters.

Dokumente zur Jahresversammlung des Schweizerischen Forstvereins 1900.
Frühe Form der Erlebnisgastronomie? «Gemseneier mit Vogelleim» und «Salat aus dem Forstgarten am Stanserhorn»: Mittagsmahl an der Jahresversammlung des Schweizerischen Forstvereins am 20. August 1900 in Stans, humoristische Menükarte aus dem Nachlass des Nidwaldner Landammanns Ferdinand Businger. (Staatsarchiv Nidwalden)

 

500-Jahre-Feier der Schlacht bei Sempach 1886, Eröffnungsfeier des Landesmuseums in Zürich 1898, Eidgenössisches Schützenfest in St. Gallen 1904: Als Vertreter der Nidwaldner Regierung war der langjährige Baudirektor und Landammann Ferdinand Businger-Isler (1839-1909) zu zahlreichen Glanzpunkten des nationalen und überregionalen Festkalenders eingeladen. Eröffnungsfeiern und Gründungsjubiläen, Vereins- und Verbandsfeste wurden im Verlauf des 19. Jahrhunderts zu immer aufwändigeren Grossveranstaltungen ausgebaut. Neben historischen Umzügen und Festspielen durften Feuerwerk und Vergnügungspavillons, Sonderpostkarten und Souvenirartikel nicht fehlen.


Die Präsenz der staatstragenden Elite war ein wesentlicher Bestandteil des vaterländischen Festwesens. Abgeordnete der Kantone wurden als Ehrengäste empfangen, sie nahmen an den Festbanketten teil und genossen einen privilegierten Zugang zum Festakt und den weiteren Veranstaltungen. Die Dokumente und Mitbringsel dieser Feierlichkeiten hatte Landammann Businger sorgfältig aufbewahrt - von den offiziellen Festführern und Menükarten über die Spezialprogramme für Ehrengäste bis hin zu den Jubiläumspostkarten und Festspieltexten. Seine Dokumentation hebt den rituellen wie auch den kommerziellen Charakter der patriotischen Festkultur hervor und gibt einen anschaulichen Einblick in die Dimensionen der damaligen VIP-Betreuung. Den ausgedehntesten Reigen der Feierlichkeiten absolvierte Businger 1906 anlässlich der Eröffnung des Simplon-Tunnels: Nach Banketten und Empfängen in Genf, Montreux, Lausanne und Sion nahm die Festgemeinde im Extrazug Platz, durchquerte den neu eröffneten Tunnel und setzte die Festivitäten in Mailand fort, verbunden mit einem Besuch der gleichzeitig stattfindenden Weltausstellung.


Ähnlich systematisch sammelte Businger auch die Reden und Ansprachen, die er in seinem langen Politikerleben gehalten oder zumindest geschrieben hatte: Über 150 handschriftliche Entwürfe sind in seinem Nachlass überliefert, nach Anlässen geordnet und stets mit einem Kommentar versehen, ob und wann sie «gesprochen» wurden. In Einzelfällen bewertete Businger auch die Qualität seiner Rhetorik oder vermerkte, ob sie die Gunst des Publikums fand. «Misslungen, zu lang, langweilig» heisst es etwa über eine 6-seitige Rede, die er 1908 für einen Auftritt im lokalen Arbeiterverein entworfen - und offenbar auch verworfen - hatte.

Monika Burri

 

Dokumente zur 500-Jahre-Feier der Schlacht bei Sempach.
Die Präsenz der staatstragenden Elite war ein wesentlicher Bestandteil der patriotischen Festkultur des 19. Jahrhunderts. Für die Betreuung der geladenen Gäste wurden in der Regel keine Kosten gescheut. 500-Jahre-Feier der Schlacht bei Sempach 1886: Spezialprogramm für Ehrengäste, Festkarten und Festreden und Gutschein für die Hotelübernachtung aus dem Nachlass des Nidwaldner Landammanns Ferdinand Businger. (Staatsarchiv Nidwalden)
Dokumente zur Eröffnugnsfeier des Simplon-Tunnels 1906

Einweihung des Simplon-Tunnels 1906: Die Eröffnungsfeierlichkeiten fanden in der Schweiz und in Mailand statt. Landammann Ferdinand Businger war als Ehrengast zum 5-tägigen Reise- und Festprogramm eingeladen. Sein Notizbuch enthält auch eine Liste der Geschenke und Mitbringsel, die er für seine Familie in Mailand besorgte: Vasen und «Nippes-Gegenstände», Halsketten und Handschuhe sowie Süssigkeiten und «Extra-Andenken» der gleichzeitig stattfindenden Weltausstellung. (Staatsarchiv Nidwalden)
Gesammelte Reden von Landammann Ferdinand Businger
«Feuerwehr», «Schützenvereine», «Landsgemeinde»: Die Entwürfe zu seinen Ansprachen und Reden hatte Landammann Ferdinand Businger sorgfältig gesammelt und nach Anlässen geordnet abgelegt. Rund 150 Ansprachen des gefragten Redners sind im Staatsarchiv Nidwalden überliefert und wurden nun erstmals erschlossen. (Staatsarchiv Nidwalden)