Das tatsächliche Potenzial für Tiefengeothermie ist noch unerforscht
Der Regierungsrat bestätigt in seiner Antwort auf einen Vorstoss zur Tiefengeothermie deren theoretisches Potenzial im Kanton Nidwalden. Er weist aber gleichzeitig auf die bisher mässige Datengrundlage und die hohen Kosten hin. Die Technologie befindet sich in der Entwicklungsphase und muss sich in der Schweiz zuerst im Rahmen von Pilotprojekten beweisen.
Bei der geothermischen Energie handelt es sich um gespeicherte Wärme im Untergrund, die klimafreundlich, erneuerbar und witterungsunabhängig genutzt werden kann. Je nach Tiefe wird von untiefer, mitteltiefer und tiefer Geothermie gesprochen. Ab einer Tiefe von rund 20 Metern steigt die Temperatur im Schnitt alle 33 Meter um zirka 1 °C an. Landrat Josef Bucher (Die Mitte) äussert Bedenken, dass die einheimischen Ressourcen an Wind- und Wasserkraft, Sonnenenergie und Biomasse in Nidwalden nicht reichen werden, um die Ziele der Energiestrategie 2050 zu erreichen. Deshalb sei das grosse Potenzial der zuverlässigen Tiefengeothermie eine grosse und nachhaltige Chance, hält er in seiner Interpellation fest.
Im Jahr 2014 hatte die auf geologische Beratungen spezialisierte Roland Wyss GmbH im Auftrag des Kantons Nidwalden einen Bericht zur Nutzung von Erdgas und Tiefengeothermie erstellt. Laut dieser Studie wird das Potenzial für die Tiefengeothermie im Vergleich zum Mittelland als überdurchschnittlich eingeschätzt, schreibt der Regierungsrat in seiner Antwort auf den Vorstoss. Das tatsächliche technische und wirtschaftliche Potenzial ist indes noch nicht bekannt. Die gegenwärtig noch grossen Ungewissheiten ergeben sich insbesondere aus dem komplexen Aufbau des Untergrundes, den wenigen Informationsquellen und der teilweise schlechten Datenqualität. Ohne vertiefte Abklärungen ist es nicht möglich, einen wirtschaftlich nutzbaren Anlagestandort auszuscheiden. «Um das hohe Potenzial der Tiefengeothermie für die künftige Produktion von Strom und Wärme in Betracht zu ziehen, sind weitere detaillierte und qualitativ hochwertige Daten zum tiefen Untergrund notwendig», erklärt daher Landwirtschafts- und Umweltdirektor Joe Christen.
Obwohl der Bund die Tiefengeothermie zur Stromproduktion mit Unterstützungsbeiträgen fördert, kann sie im Moment noch nicht wirtschaftlich betrieben werden. Die dazu notwendige Technologie befindet sich in der Entwicklungsphase und muss zuerst im Rahmen von Pilotprojekten erfolgreich angewendet werden. Ein wegweisendes Vorhaben für die Stromproduktion aus Tiefengeothermie ist das aktuelle Pilotprojekt Haute-Sorne im Jura, wo zwei Bohrungen à 5 km vorgesehen sind. Der Nidwaldner Regierungsrat schaut gespannt auf die Ergebnisse der Pilotprojekte. Er hat daher bis anhin noch keine eigenen Tiefenbohrungen in Betracht gezogen. Trotz des offenbar vorhandenen Potenzials, ist das Risiko eines kostspieligen Misserfolgs bzw. nicht fündig zu werden, hoch. Zudem darf das Risiko von künstlich ausgelösten Erdbeben, sog. induzierte Seismizität, nicht ausser Acht gelassen und vertieft abgeklärt werden. Daher ist vor allem für kleinere Kantone wie Nidwalden unerlässlich, im Wissensaufbau und -transfer zur Nutzung der Tiefengeothermie und bei der Eruierung geeigneter Standorte mit anderen Kantonen und dem Bund zusammenzuarbeiten.
Erste Priorität für den Kanton Nidwalden hätte in einem nächsten Schritt die indirekte Erkundung des Untergrundes mittels Aufarbeitung und Neuinterpretation bestehender Daten, ergänzt durch die Aufnahme engmaschigerer Daten sowie Auswertung der seismischen Aktivitäten in der Region. Die Kosten für diesen Schritt wurden in der damaligen Studie der Roland Wyss GmbH auf bis zu 5.5 Millionen Franken geschätzt. «Tiefbohrungen selbst sollten in jedem Fall erst in Angriff genommen werden, wenn bessere Kenntnisse über den Aufbau des Untergrundes vorliegen, eine Risikoanalyse durchgeführt worden ist und die optimalen Bohrstandorte eruiert worden sind», ergänzt Landestatthalter Joe Christen. Aus diversen Gründen wie zum Beispiel, dass die gewonnenen Erkenntnisse auch für andere Nutzungen im Untergrund wertvoll sein können, ist zu überlegen, ob diese detaillierte Erforschung des tiefen Untergrundes frühzeitig in Angriff genommen werden soll.
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