Kirchenbezirk und historischer Friedhof in Stans (7. bis 17. Jh.)

Grundmauern der ältesten Kirche in Stans während der Ausgrabung 1984/85 (Fachstelle für Archäologie)
Grundmauern der ältesten Kirche in Stans während der Ausgrabung 1984/85 (Fachstelle für Archäologie)

 

Während der Restaurierung der Stanser Pfarrkirche 1984/85 wurden die unter der heutigen Kirche liegenden Vorgängerbauten archäologisch untersucht. Die insgesamt fünf Vorgängerkirchen waren, der Tradition folgend, nach Osten ausgerichtet gewesen, d.h. der Altar befand sich im östlichen Ende der Kirche. Die heute noch stehende, 1641-1647 errichtete Kirche wurde gegenüber den Vorgängerbauten um 90 Grad nach Süden gedreht. Weil während der Untersuchung 1984/85 keine naturwissenschaftliche Altersbestimmung durchgeführt werden konnte, wurde die Bauzeit der ältesten Kirche in die Mitte des 8. Jahrhunderts geschätzt. Dieser älteste bescheidene Steinbau war im Laufe der Zeit immer wieder erweitert oder durch Neubauten ersetzt worden. Dies entsprach dem Bedürfnis einer wachsenden Bevölkerung.

2016 fand unmittelbar neben der Pfarrkirche, im ehemaligen, heute von einer Strasse überdeckten Friedhof, eine weitere archäologische Ausgrabung statt. Insgesamt wurden 160 Skelette geborgen und deren Alter naturwissenschaftlich bestimmt (C14-Datierung). Die Ergebnisse überraschten: Bemerkenswert ist die sehr lange Belegungszeit vom 8. Jahrhundert bis zur Auflösung des Friedhofs in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die ältesten Gräber gehören damit zur ältesten Kirche aus der Mitte des 8. Jahrhunderts. Aussergewöhnlich waren weiter drei grosse Mehrfachbestattungen aus dem 15. bis 17. Jahrhundert. Die Skelette aus diesen Mehrfachbestattungen wurden am Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena untersucht – mit dem Ergebnis, dass die dort bestatteten Menschen an der Pest gestorben sind.

Im Nachgang zur Ausgrabung von 2016 wurden einige der Skelette aus der früheren Grabung von 1984/85 ebenfalls naturwissenschaftlich datiert. Auch dieses Ergebnis barg eine grosse Überraschung: Die älteste Bestattung konnte in das beginnende 7. Jahrhundert datiert werden. Daraus folgt, dass die älteste Steinkirche älter sein muss als bisher angenommen oder dass es einen Vorgängerbau, wahrscheinlich eine Holzkirche, gegeben hat, der 1984/85 nicht nachgewiesen werden konnte.

Die ältere lokale Geschichtstradition ging davon aus, dass entweder die alemannischen Einwanderer das Christentum nach Nidwalden gebracht hatten oder dass Nidwalden erst im Hochmittelalter christianisiert worden war. Die neuen Messergebnisse widerlegen beide Annahmen. Offensichtlich gab es bereits vor der alemannischen Einwanderung, die wahrscheinlich erst in der Mitte des 8. Jahrhunderts begann, eine christliche Gemeinde in Stans. Die Nachfahren der gallorömischen Bevölkerung, die im Dreieck zwischen Buochs, Oberdorf und Stansstad ansässig waren, waren spätestens um 600 n. Chr. christianisiert.

Literatur

Odermatt-Bürgi, Regula: Pfarrkirche St. Peter und Paul in Stans NW, Schweizerische Kunstführer, Bd. 444/445, Basel, Bern, Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, 1989.